Humor

Es existiert keine exakte Definition von Humor, da Humor sowohl kulturspezifisch als auch subjektiv ist. In der Werbung wird Humor oft mit Witz, Wortspiel, Ironie, Sarkasmus, Übertreibung oder Überraschung
assoziiert. Humor ist ein Stilmittel der Kommunikation, das durch „Witztechniken“ wie Übertreibung gestaltet wird.

Modelle und Theorien:

  • Superiority- und Disparagement-Theorie:

Der Rezipient fühlt sich den in der Werbung präsentierten Personen aufgrund ihrer Dummheit, Inkompetenz, Glücklosigkeit, Unmoral etc. überlegen. Je weniger stark die eigene Identifikation mit der dargestellten Person ist, desto größer ist das Gefühl der Überlegenheit.

  • Inkongruitäts-Auflösungs-Modell (Suls, 1983):

Das Modell geht davon aus, dass bei Humor eine Form von Inkongruenz vorliegt, d.h. Erwartungen werden erst erzeugt und treten dann nicht so ein.

Humor_Modell

Humor lebt vom überraschenden Effekt einer witzigen Pointe, Werbeerfolg jedoch von der nachhaltigen Wirkung vieler Wiederholungen. Und die machen über kurz oder lang die schönste Pointe kaputt. Dieser Effekt nennt sich auch wear-out-Effekt.

Quelle: Nufer, Gerd & Hirschburger, Linda (2008). Humor in der Werbung.
Reutlinger Diskussionsbeiträge zu Marketing & Management. No. 2008-07. Humor_Vampire_Effekt

Wirkungssteigerung oder Vampir-Effekt?

Bei dieser Frage ist es wichtig zu wissen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Witz in der Werbung und der beworbenen Marke besteht oder nicht:

Bei Werbung mit einfachem Witz ist es nicht notwendig,einen Bezug zur Marke zu haben.

Werbung, die mit komplexem Humor arbeitet, muss diesen  Bezug zur  Marke aufweisen, da sich der Verarbeitungsprozess für den Rezipienten lohnen sollte. Diese Form von humorvoller Werbung wirkt zudem auch deutlich besser.

Demnach tritt der Vampireffekt verstärkt auf, wenn der verwendete Humor nichts mit dem Produkt zu tun hat und/oder überdosiert zum Einsatz kommt.

Entscheidend für die Wirkung ist also, wie Humor in die Werbung eingebettet wird.                             Es gibt drei Kategorien für humorvolle Werbung:

  • TV-Werbung mit einfachem Humor ohne Bezug zu Marke steigert die Aufmerksamkeit für den Spot.
  • Bei Spots mit komplexem Humor ohne Bezug zur beworbenen Marke werden positive Aufmerksamkeitseffekte erzielt. Der Humor kann aber von der beworbenen Marke ablenken und so die Werbewirkung mindern („Vampir-Effekt“).
  • Spots mit komplexem, markenbezogenem Humor: hier zahlt der Humor durchweg positiv auf die Werbewirkung ein. Die Aufmerksamkeit wird gesteigert, die Verbindung Spot-Marke wird gestützt.

Humor_Modell_2

Quelle: Humor_Wirkung_oder_Vampire-Effekt, publisuisse, 04.12

Diese Kategorien befassen sich alle mit der Verständlichkeit auf der Verarbeitungsebene. Für gewöhnlich empfindet der Rezipient Vergnügen, wenn seine Anstrengungen für Nachdenkprozesse erfolgreich sind und er die Pointe verstanden hat. Dieses Empfinden ist aber natürlich abhängig von den jeweiligen Humorpräfarenzen der Rezipienten. Außerdem sollte in der Werbung auf Ironie, Satire, Sarkasmus und Zynismus eher verzichtet werden, da sich der Verbraucher beim Werbekonsum zu 95% in einer Low-Involvement Situation befindet. Zu starke kognitive Anforderungen werden demnach nicht verarbeitet oder führen zu so starker Ablenkung, so dass die Aufmerksamkeit nicht mehr primär auf das Produkt und die Marke gerichtet ist (Nufer & Hirschburger, 2008).

Neben der Relevanz der Pointe für das Produkt, spielt auch die Humor-Stärke eine wichtige Rolle. Es kann beispielsweise zwischen heiterer Stimmung, einem subtilen Scherz und einem Schenkelklopfer unterschieden werden. Im Falle von Humor mit niedriger Relevanz für das Produkt, besteht eine umgekehrt u-förmige Beziehung zwischen der Humorstärke und der Gedächtniswirkung. Bei relevantem Humor allerdings verbessern auch größere Stärken von Humor immer noch die Behaltensleistung (Felser, 2007).


Humor in der Werbung und Produktpassung:

Produktpassung_Bild1

Aus der Produkt-Farben-Matrix (PFM) lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:

  • Zu High-Risk-Produkten gehören hochwertige Güter, deren Anschaffung sehr kostenintensiv ist und die daher selten gekauft werden. Weinberger empfiehlt, bei „white goods“ rationale Anzeigen zu verwenden, da der Konsument eher an Sachinformationen interessiert ist. Bei einer Versicherung setzt der Kunde Seriosität und Professionalität voraus. Eine Werbung die nicht ernsthaft ist, vermittelt dem Verbraucher den Eindruck, dass er in ein nicht vertrauenswürdiges Geschäft investiert. Beispiel: Sparkasse
  • Bei „red goods“, die als Prestigeprodukte genutzt werden, besteht beim Konsumenten sowohl ein finanzielles Wagnis als auch ein emotionales Risiko. Ein Werbespot erfährt daher mehr Aufmerksamkeit und Motivation zur systematischen Informationsverarbeitung. Folglich können rationale und emotionale Elemente verwendet werden.
  • Low-Risk-Produkte werden routinemäßig gekauft und sind mit niedrigen Anschaffungskosten verbunden. In die Kategorie „blue goods“ fallen Produkte des täglichen Gebrauchs. Hierbei steht der Nutzen im Vordergrund. Der emotionale Nutzen ist geringer, es wird aber empfohlen, mit einer Mischung aus rationaler und emotionaler Werbung zu arbeiten. Beispiel: Evian Wasser
  • Die letzte Gruppe yellow goods kann als risikofreie Alltagseinkäufe beschrieben werden. Die Werbung für diese Güter ist emotional und der Einsatz von Humor könnte erfolgreich sein. Beispiel: After Eight Schokolade

Es gibt jedoch auch Fälle, bei denen Humor für white goods angewendet wird. Die Sparkasse zum Beispiel macht häufig Gebrauch von humorvoller Werbung, obwohl sie eine seriöse Institution ist.

Quelle: Gerd Nufer & Linda Hirschburger (2008). Humor in der Werbung. Reutlinger Diskussionsbeiträge zu Marketing und Management. Nr. 2008-7.

 

 Studien:

M. Eisend (2011). How humor in advertising works: A meta-analytic test of alternative models. Marketing Letters, 22(2).

In der bisherigen Literatur gibt es viele Erklärungen dafür, wie Humor in der Werbung funktioniert. Die Modelle können in kognitive und affektive Modelle kategorisiert werden. Eisend hat mittels einer Meta-Analyse versucht, ein affektiv-kognitives Modell zu entwickeln und zu überprüfen.

kognitive Modelle:                                                                                                                           1. information processing approach: Humor erregt Aufmerksamkeit und steigert somit der kognitive Verarbeitung. In der Werbung handelt es sich dabei hauptsächlich um die Vermittlung positiver Informationen, weshalb verstärkt positive im Vergleich zu negativen Informationen verarbeitet werden und somit eine positive Einstellung gegenüber der Anzeige und der Marke zur Folge hat.                       2. distraction effect: Da es sich bei Werbung um eine Überzeugungsstrategie handelt, suchen Rezipienten häufig nach Gegenargumenten für das Produkt. Humor soll die Rezipienten davon ablenken, nach Gegenargumenten für das Produkt zu suchen und demnach die Einstellung gegenüber der Anzeige und der Marke positiv beeinflussen.                                                                                                 3. Vampir-Effekt: Der humorvolle Teil der Werbung generiert zum Großteil die Aufmerksamkeit der Rezipienten und lenkt diesen von der Verarbeitung zentraler Werbeinformationen ab. Humor fördert demnach anzeigenbezogene Kognitionen, aber mindert gleichzeitig markenbezogene Kognitionen.

affektive Modelle:                                                                                                                             1. affect Transfer: Humor ruft positive Affekte hervor und reduziert gleichzeitig negative Affekte, die auf direktem Weg auf die Anzeige und die Marke transferiert werden.                                                         2. affektive Erlebnisse: Affektive Erlebnisse werden mit Handlungstendenzen wie Annäherung und Ablehnung assoziiert. Diese Handlungstendenzen wiederum entsprechen bestimmten Verhaltensweisen und können spontan Bewertungsprozesse in Gang setzen.

affektiv-kognitives Modell: Humor induzierter Affekt beeinflusst Kognitionen                                         1. congruency effect: Humor ruft positive Affekte hervor, was dazu führt, dass die Rezipienten Informationen verarbeiten, die zu den positiven Affekten kongruent sind. Humor reduziert negative Affekte, weshalb negative Informationen schlechter verarbeitet werden.                                               2. affect regulation: Humor verstärkt positive Affekte, was die kognitive Verarbeitungsleistung allgemein herabsetzt. Negative Affekte führen dazu, dass vermehrt positive Informationen verarbeitet werden.       –> Mood Management

affektiv-kognitives Modell                           AAD=attitude towards ad; ABR=attitude towards brand

Fazit:                                                                                                                                       Humor beeinflusst hauptsächlich affektive Prozesse, weshalb das affektive Modell am besten geeignet ist, um die Funktionsweise von Humor in der Werbung zu beschreiben. Ferner kann angenommen werden, dass die Verarbeitung auf peripherem Weg abläuft, da Beurteilungsprozesse, die auf Affekten basieren, eine low-involvement Strategie implizieren. Deshalb eignet sich Humor wahrscheinlich dazu, von einer schwachen Argumentation in der Werbung abzulenken.

M. Strick, R.W. Holland, R. Van Baaren & A. Van Knippenberg (2010). Humor in the Eye Tracker: Attention Capture and Distraction from Context Cues. The Journal of General Psychology, 137 (1), 37-48.

Annahme:                                                                                                                                     Humor wird mehr Aufmerksamkeit geschenkt, weil er ein seltenes Ereignis darstellt und positive Emotionen hervorruft. Daher kommt es zu einer tieferen Verarbeitung des Humors und einer verbesserten Gedächtnisleistung der humorvollen Inhalte. Inhalte ohne humorvollen Gehalt kommen weniger Aufmerksamkeit zu und werden deshalb auch schlechter verarbeiten und behalten. Dieser Humor Effekt ist typisch für das freie Erinnern. Inwiefern sind jedoch das unterstützte Erinnern und die Wiedererkennungsleistung vom Humor-Effekt betroffen?

Experiment 1:

Durchführung:                                                                                                                                 58 Probanden nahmen an der Studie teil. Sie mussten 60 Marken-Text-Paare, bestehend aus 60 Texten und 4 Marken von Energy Drinks, genau betrachten mit der Instruktion, die Aufmerksamkeit primär auf die Texte zu legen. Es gab drei verschiedene Texttypen: humorvolle, positive und neutrale Texte für die Kontrollgruppe. Die Blickbewegungen der Probanden wurden mittels Eye Tracker aufgezeichnet. Anschließend absolvierten die Teilnehmer eine fünf-minütige Aufgabe, bevor sie die für die Studie relevante Aufgabe der Marken-Wiedererkennung aus einem Pool von 24 Energy Drink Marken bestritten. Ergebnisse:                                                                                                                                 Die humorvollen Texte wurden mit 4933 ms länger betrachtet als die positiven mit 4284 ms und die neutralen Texte mit 4345 ms. Auch die Erinnerungsleistung in Bezug auf die Marke war bei Betrachtung der witzigen Texte im Vergleich zu den positiven und neutralen Texte gemindert. Nur 64% der Probanden erinnerten die Marken im Kontext eines humorvollen Textes richtig. Im Kontext eines positiven Textes erinnerten 88% der Probanden die Marken richtig und im Kontext eines neutralen Textes erinnerten 83% der Probanden die Marken korrekt. Demnach besteht ein negativer Zusammenhang zwischen Betrachtungsdauer und Erinnerungsleistung: Je länger der Text betrachtet wird, desto schlechter die Erinnerungsleistung.

Experiment 2:

Durchführung:                                                                                                                               30 Probanden nahmen an der Studie teil. Dieses mal wurde jedoch keine Aufmerksamkeitslenkung vorgenommen. Die Marken-Text-Paare durften frei betrachtet werden. Es wurden jedoch drei Marken pro Text präsentiert, weshalb auch die Betrachtungsdauer von 1.000 ms auf 8.000 ms erhöht wurde. Ergebnisse:                                                                                                                                 Die humorvollen Texte wurden mit 5384 ms wieder länger betrachtet als die positiven (4489 ms) und die neutralen (4535 ms) Texte. Dieses mal gab es jedoch keine Unterschiede bezüglich der Wiedererkennungsleistung. Die durchschnittliche Fehlerrate für alle Texte lag bei nur 6%. Allerdings verlief die Wiedererkennung bei humorvollen Texten mit 865 ms deutlich langsamer als bei positiven (799 ms) und neutralen (813 ms) Texten.

Fazit:                                                                                                                                           Zusammenfassend ist zu sagen, dass Humor mehr Aufmerksamkeit zukommt, weshalb Kontextinformationen schlechter wahrgenommen und verarbeitet werden. Dies hat sowohl Konsequenzen für das freie Erinnern als auch für das unterstützte Erinnern. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass besonders bei der Erinnerung von Marken das implizite Gedächtnis eine große Rolle spielt, welches in Bezug auf die Markenerinnerung nicht negativ beeinflusst wird.

Beispiele von Humor in der Werbung:

Humor_Bild1 Humor_Bild2 Humor_Bild3 Humor_Bild4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fazit:

Ob Humor in der Werbung eher eine Chance oder ein Risiko darstellt, lässt sich nicht abschließend feststellen. Es kommt immer auf das jeweilige Produkt an und den Zusammenhang, in dem Humor eingesetzt wird. Es kann jedoch festgehalten werden, dass Humor die Atmosphäre verbessert und einen günstigen Rahmen für Werbespots bieten kann. Humor wird allerdings nie der ausschlaggebende Stimulus für eine Kaufentscheidung sein. Denn „people don’t buy from clowns“, aber sie werden gerne unterhalten. Eine geeignete Zielgruppe für Humor in der Werbung stellen jüngere Konsumenten mit höherem Bildungsniveau dar und eher Männer als Frauen (Nufer & Hirschburger, 2008).

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